Jürgen Gromball

01.11.2005

Der Pinguin-Effekt

Leitartikel MBZ 11/05

Ein starker Sturm, Eiseskälte und dichter Nebel sind das Signal zum engen Zusammenrücken der Pinguinkolonie. Die Schwächsten innen, die Stärksten außen. Gemeinsam überstehen sie den arktischen Winter, gesund und unversehrt.

Was uns der neueste Kino-Hit anschaulich zeigt, sollte uns Berliner Zahnärzte zum Nachdenken anregen.

Horst Seehofer und Ulla Schmidt an einem Kabinetts-Tisch zwingt geradezu zur Gemeinsamkeit. Die „Kartelle“ müssen zerschlagen werden (hier gemeint KZV und KV) und auch die „Ideologie der Freiberuflichkeit ist nicht mehr zeitgemäß“ (Zitate aus der jüngsten Vergangenheit) lassen aufhorchen. Es wird in einer großen Koalition keine grundlegende Umgestaltung im Gesundheitswesen vorgenommen werden. Die Politik wird weiter massiv an den Stellschrauben drehen und Reförmchen für Reförmchen beschließen.

In den vergangenen 30 Jahren hat der Gesetzgeber mit über 50 Gesetzen und mehr als 7000 Einzelbestimmungen versucht, die Gesetzliche Krankenversicherung zu sanieren. Ohne Erfolg. Aber die GOZ stagniert seit 1988, der BEMA verfällt und gleichzeitig wird die Vollkaskomentalität der Bürger gepflegt. Vergessen wird bei diesem sozialistischen Grundgedanken, dass der Patient nicht irgendeinen sondern seinen Arzt wünscht. Die in § 76 SGB V beschriebene Freiheit der Arztwahl muss oberstes Gebot bleiben. Dazu gehört unabdinglich eine am medizinischen Fortschritt ausgerichtete Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde sowie der Erhalt und die Stärkung der Freiberuflichkeit. Aber mit überbordender Bürokratie und Regulierungswut werden die Ärzte in ihrer Arbeit eingeschränkt und behindert. Sogenannte wissenschaftliche Organisationen, Beamtenapparate und Dentalindustrie tun ihr Übriges.

Die Ideologie der „Beitragsstabilität“ sowie „Sozialverträglichkeit“ und „Zahnmedizin zu erschwinglichen Preisen“ gehört in den Papierkorb der unausgegorenen Luftschlösser. Die deutsche Bevölkerung gibt für Auto, Urlaub, Fitness und Wellness entschieden mehr Geld aus, als für die Gesundheit. Wir müssen dem einzelnen Zahnarzt wieder Raum und Zeit für seine wichtige und komplizierte Arbeit zurückgeben. Nur ein von Bevormundung freier Zahnarzt vermag es, sich uneingeschränkt den individuellen Wünschen seiner Patienten zuzuwenden.

Jedoch unsere Dental-Pinguine hüpfen jeder auf der eigenen Scholle, von der sie glauben, sie sei die einzige die gut schwimmt. Es gilt jetzt, das Engagement sowie die Kraft der Verbände zum gemeinsamen Nutzen für die Berliner Zahnärzte zu bündeln. Sachverstand ist gefragt und auch der Abschied von Partikularinteressen. Nur gemeinsam sind wir stark.

Jürgen Gromball
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