Dr. Wolfgang Schmiedel: „Die gesamte Berliner Zahnärzteschaft positioniert sich in einer Reihe gegen den vorliegenden „Referentenentwurf“

09.06.2011

Einmütig und einstimmig: Alle Berliner Zahnärzte lehnen vorliegenden Referentenentwurf ab

Presseinformation der Zahnärztekammer Berlin vom 9. Juni 2011

Nicht nur die Berliner Kassenzahnärzte haben ihrer Ablehnung der vorliegenden Entwürfe zur Novellierung der GOZ in einer Resolution Ausdruck verliehen – auch die Delegiertenversammlung der Berliner Zahnärztekammer und damit das Parlament aller Berliner Zahnärzte hat einstimmig gegen den vorliegenden Referentenentwurf votiert und Nachbesserungen eingefordert. Der vom Vorstand der Zahnärztekammer Berlin eingebrachte Entwurf einer Resolution ist bei geringen redaktionellen Änderungen ebenso einstimmig angenommen worden wie zwei ergänzende Positionen, die sich mit besonderen Aspekten der geplanten Novellierung der GOZ befassen (die Endversionen der drei verabschiedeten Stellungnahmen stehen am Ende der Pressemeldung). „Die Einmütigkeit, mit der die gesamte Berliner Zahnärzteschaft sich hier über alle Gruppierungen und Körperschaften hinweg in einer Reihe positioniert, ist ein großes und wichtiges Signal für die Politik: Der zahnärztliche Berufsstand misst dieser Thematik eine existentielle Bedeutung bei und erwartet vom Gesetzgeber die Berücksichtigung ihrer mehr als angemessenen Interessen“, betont Zahnärztekammerpräsident Dr. Wolfgang Schmiedel. Dabei haben sich die Berliner Zahnärzte keineswegs pauschal geäußert, sondern Schwerpunkte formuliert, die Priorität bei der Überarbeitung des Referentenentwurfs haben sollten. Dazu gehören beispielsweise Stichworte wie die ersatzlose Streichung des sog. „Zielleistungsprinzips“ und die Überarbeitung der Bereiche „Auslagenersatz“ und „Verbrauchsmaterialien“. Nicht zuletzt fordern die Berliner Zahnärzte den Gesetzgeber auf, eine regelmäßige Anpassung der Gebührenordnung sowie eine entsprechende Inflationsklausel in der Gesetzgebung festzuschreiben. Als ebenso notwendig wird erachtet, den „nachgewiesenen Anstieg der Praxiskosten“ und „den Kaufkraftverlust seit 1988 vollständig bei der Festsetzung des Honorarpunktwertes zu berücksichtigen.“ In geschlossener Front steht die Berliner Zahnärzteschaft auch hinsichtlich ihrer deutlichen Ablehnung einer Öffnungsklausel. „Der Berufsstand ist, wie man an den Positionen sieht, zu konstruktiven Debatten bereit“, so Dr. Schmiedel, „aber es muss auch allen Verantwortlichen in der Politik auf Länder- und Bundesebene deutlich sein, dass erwartet wird, dass dieses Angebot auch angenommen wird und die Vorschläge nicht nur auf offene Ohren stoßen, sondern auch in den gesetzlichen Regelungen ihren Niederschlag finden.“ >>===================================================<< Resolution der Delegiertenversammlung der Zahnärztekammer Berlin vom 19. Mai 2011 zum Referentenentwurf Gebührenordnung für Zahnärzte Der am 29.03.2011 der Bundeszahnärztekammer und den Landeszahnärztekammern überreichte Referentenentwurf zur Novellierung der Gebührenordnung der Zahnärzte enthält eine Vielzahl semantischer und juristischer Ungenauigkeiten und Fehler, die für die Berliner Zahnärzte und ihre Patienten in vielen Punkten nicht von Vorteil sind. Verordnungen sollten Rechtsklarheit schaffen und nicht neue Auslegungsprobleme aufwerfen. Die Delegiertenversammlung der Zahnärztekammer Berlin fordert das Bundesministerium für Gesundheit auf, diesen mindestens in folgenden Punkten zu überarbeiten: 1. „Zielleistungsprinzip“ Der Satz 4 des § 4 Abs. 2 GOZ 2012 sollte ersatzlos gestrichen werden. 2. Bemessung der Gebühren Der Zusatz bezüglich des Zeitaufwandes sollte entweder näher konkretisiert oder aber gestrichen werden. 3. Auslagenersatz Da die Regelung für den Patienten keinen wirklich erkennbaren Mehrwert bietet, ist § 9 Absatz 2 dringend zu überarbeiten. 4. Gebührenverzeichnis Da zu befürchten ist, dass auf den Köpfen unserer Patienten dadurch unnötige Prozesse zur Klarstellung geführt werden müssen, sollte der Verordnungsgeber die Nomenklatur überarbeiten und vereinheitlichen. 5. Verbrauchsmaterialien Der Verordnungsgeber sollte auch hier eine einheitliche separate Berechnungsmöglichkeit für alle Verbrauchsmaterialien finden. 6. Punktwert Der Verordnungsgeber sollte eine regelmäßige Anpassung in der Verordnung festschreiben. Vorstand der Zahnärztekammer Berlin >>===================================================<< Stellungnahme zum Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) – Referentenentwurf 1.      Allen Bestrebungen, eine Öffnungsklausel für Sondervereinbarungen außerhalb der Gebührenordnung einzuführen, muss weiterhin widerstanden werden. Die Qualität unserer (zahn)ärztlichen Versorgung lebt zum großen Teil von der Verantwortung des (Zahn-)Arztes in einem freien Beruf. Die Wahrnehmung dieser Verantwortung ist nicht unabhängig von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Die verlässliche Basis einer Gebührenordnung ist dafür notwendig. Die Möglichkeit, Verträge mit Kostenträgern zu schließen, die von der GOZ unabhängig sind, kann nur dazu führen, dass diese Basis unterminiert wird. Vereinbarungen, die nicht unter die „Grundlinie GOZ“ gehen, sind ja jederzeit möglich. Ärztliche Verantwortung sollte nicht in Konflikt mit der Marktmacht von Kostenträgern gebracht werden oder gar dort ihre Grenze finden. 2.      Es muss eine Klausel zur Anpassung der Honorare an die wirtschaftliche Entwicklung des Landes und die Inflationsrate in die Regelung eingefügt werden. Die jetzt in dem Entwurf enthaltene teilweise Anhebung der Honorare gegenüber der GOZ 88 entspricht nicht der wirtschaftlichen und fachlichen Entwicklung und der in dieser Zeit abgelaufenen Inflation. Wenn es schon nicht möglich sein sollte, mit der neuen Gebührenordnung eine wirkliche Kompensation für die schleichenden Verluste seit 1988 zu erreichen, so sollte für die Zukunft eine Inflationsklausel in die Verordnung eingefügt werden. 3.   Der vorgelegte Entwurf enthält keine Erweiterung der Honorarpositionen für Beratung, Diagnostik und Therapieplanung gegenüber der GOZ 88. Diese gedanklichen und kommunikativen Leistungen sind die Grundlage verantwortungsvollen (zahn)ärztlichen Handelns. In dem Maße, wie sich das Verständnis von zahnärztlicher Therapie in Richtung auf medizinische Komplexität und weg vom Handwerk entwickelt, werden diese „Grundleistungen“ immer bedeutender. Sie sollten deshalb besser bewertet und in einer erweiterten Leistungsbeschreibung mit eventuell neuen Positionen abgebildet werden. Dr. Peter Nachtweh >>===================================================<< Die Delegierten der ZÄK Berlin fordern den Verordnungsgeber auf, bei der anstehenden Novellierung der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) den nachgewiesenen Anstieg der Praxiskosten als auch den Kaufkraftverlust seit 1988 vollständig bei der Festsetzung des Honorarpunktwertes zu berücksichtigen. [Mündliche Begründung:] Im § 15 des Zahnheilkundegesetzes hat der Gesetzgeber festgelegt: „Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Entgelte für zahnärztliche Tätigkeit in einer Gebührenordnung zu regeln. In dieser Gebührenordnung sind Mindest- und Höchstsätze für die zahnärztlichen Leistungen festzusetzen. Dabei ist den berechtigten Interessen der Zahnärzte und der zur Zahlung der Entgelte Verpflichteten Rechnung zu tragen." Zusätzlich hat sich die regierende Koalition in ihrem Koalitionsvertrag die Aufgabe gesetzt, „die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) an den aktuellen Stand der Wissenschaft anzupassen und dabei Kostenentwicklungen zu berücksichtigen." Ausgangspunkt für die Anpassung an die Kostenentwicklung ist § 5 Abs. 1 Satz 3 der GOZ, mit dem der Punktwert zum 1. Januar 1988 auf 11 Deutsche Pfennige bzw. heute 5,62421 Cent festgesetzt wurde. In der Begründung zur GOZ wird hierzu festgehalten: „dem Punktwert [kommt] ... die Funktion zu, den Wert der Punktzahlen im Preisgefüge anderer Dienstleistungen zu bestimmen" ... „der Punktwert wird anhand der wirtschaftlichen Entwicklung von Zeit zu Zeit überprüft und je nach Datenlage eventuell nach oben oder unten angepasst werden müssen.“ Allen diesen Anforderungen wird der Entwurf zur GOZ-Novelle nicht gerecht. Das Beharren auf einem Punktwert, der seit 1988 unverändert gültig ist, berücksichtigt weder die gesetzliche Forderung, „den berechtigten Interessen der Zahnärzte [...] Rechnung zu tragen", noch wird sie den seitdem gestiegenen Haushaltseinkommen „der zur Zahlung der Entgelte Verpflichteten" gerecht. So hat sich beispielsweise das verfügbare Einkommen aller Privathaushalte allein zwischen 1991 und 2005 um 32 %, das der vor allem zur Zahlung verpflichteten Selbständigen im gleichen Zeitraum um 40 %, das der Beamten um 36 % erhöht. Dies bei der GOZ-Novelle nicht zu berücksichtigen, entspricht nicht dem vom Gesetzgeber an die Bundesregierung erteilten Auftrag. ZA Bertram Steiner
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