01.02.2005

Leitartikel MBZ von Dr. Jürgen Gromball

MBZ-Heft 2/2005

„... die Freiheit hat man satt am End’...."
Was ist eigentlich Freiberuflichkeit? Als freiberuflich werden, im Gegensatz zu gewerblichen Tätigkeiten, Berufe bezeichnet, die wissenschaftlich, beratend, künstlerisch, erziehend, unterrichtend oder mit geistigen Dienstleistungen verbunden sind (z.B. Dozenten, Rechtsanwälte und Heilberufe) und in der Regel ein Studium voraussetzen.
In Deutschland gibt es etwa 1 Mio. Freiberufler, die rund 2,5 Mio. Mitarbeiter und 160.000 Auszubildende (IFB-Schätzung, Stand 1.1.2004) beschäftigen. Die wirtschaftliche Bedeutung ist also mit der des Handwerks oder des Mittelstandes vergleichbar.

Tief lässt es blicken, wenn die derzeit amtierende Gesundheitsministerin, Ulla Schmidt, sagt, „...es muss endlich Schluss sein mit der Ideologie der Freiberuflichkeit.“ Nein, es muss Schluss sein, dass wir niedergelassenen Zahnärzte uns alles gefallen lassen, ohne über unsere Zukunft nachzudenken. Es herrscht offenbar die Ansicht vor, dass die Vertragszahnärzte eigentlich Erfüllungsgehilfen einer öffentlich rechtlichen Institution oder dessen Verwaltungsorganen und damit des Staates sind. Der Verlust von Autonomie geht einher mit einer Veränderung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung. Auch die allgemeine Rechtsaufsicht wandelt sich bei entsprechender Normendichte materiell in Fachaufsicht.

Vetragszahnarztrecht ist dann nicht mehr länger Partizipations- und Mitbestimmungsrecht in Verhandlungsmodell von Krankenkassen und Zahnärzten, sondern wäre spezielles staatliches Berufsausübungsrecht.

Es ist für einen niederlassungswilligen Zahnarzt selbstverständlich, die Mitgliedschaft in der KZV zu beantragen, weil dies aus finanziellen Gründen notwendig ist, denn ca.90% der Bevölkerung sind zwangsweise in der GKV. Den meisten Vertragszahnärzten ist es nicht bewusst, dass sie mit Eintritt in die KZV das Morbiditätsrisiko der Bevölkerung als Gesamtärzteschaft übernommen haben. Es ist ihnen nicht bewusst, dass bei der jetzigen Konstruktion der Gesetzlichen Krankenversicherung die Kassenärzteschaft von den Krankenkassen für eine Gesamtvergütung eingekauft wird. Etwas vereinfacht, aber zutreffend.

Nichts steht so sehr im Widerspruch zur Freiberuflichkeit des Zahnarztes, wie die Forderung nach unbegrenzter Leistung bei begrenzter Honorierung. Die Verpflichtung der Ärzteschaft zur Sicherstellung der notwendigen Versorgung, bei gleichzeitig vielfältigen Formen der Budgetierung ihrer Vergütung, hat zu einer erheblichen Bedrohung der Wesenselemente der Freiberuflichkeit geführt.

Wesentliches Merkmal der Freiberuflichkeit in unserem Beruf ist die ungestörte individuelle Zahnarzt-Patienten-Beziehung, es gibt keine Zwei-Klassenmedizin, es gibt eine Achtzig-Millionen-Klassen-Medizin. Jeder Patient ist eine Klasse für sich. Ein verantwortungsvoller Umgang mit den Ressourcen der Gesetzlichen Krankenkasse muss für den freiberuflichen Arzt selbstverständlich sein. Er muss aber genauso ernsthaft vom Versicherten verlangt werden. Dies ist beim Sachleistungsprinzip wohl kaum möglich. Es muss eine Selbstverständlichkeit werden, dass Patienten, Ärzte und Zahnärzte es lernen, über die ökonomische Seite der Behandlung zu reden.

Die Krise unseres Gesundheitswesens ist eine geistige Krise unserer Bürger. Die Deutschen müssen wegkommen von einer Staatshörigkeit und sich zu einem selbstbewussten Bürgertum entwickeln. Wir müssen abrücken von der Planwirtschaft durch den Staat und seinen halbstaatlichen Selbstverwaltungsorganen. Dies bedeutet, dass die zahnmedizinische Versorgung in privatwirtschaftlich betriebenen Zahnarztpraxen auf der Basis der Freiberuflichkeit stattfindet und dass die Qualität der zahnärztlichen Leistung auch von dem mündigen Bürger kontrolliert wird. Der freiberuflich tätige Zahnarzt dient nicht in erster Linie dem Staat oder dessen Verwaltungsorgan, sondern den Bürgern, seinen Patienten.

„... und begehre, dass ein einz’ger Regent Sie absolut regierte.“

Wollen Sie das?

Jürgen Gromball

(Zitate: H. Heine und alles andere steht auch schon im Internet unter Freiberuflichkeit)
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