Gemeinsam für bessere Mundgesundheit in der Pflege (von links): Dr. Helmut Kesler/Zahnärztekammer Berlin, Reinhold Schott/Leiter der Einrichtung, Carola Dahm/Pflegedenstleisterin, Prof. Dr. Ina Nitschke/DGAZ, Dr. Sven-Anneus Ohling, Kooperations-Zahnarzt, ZTM Robert Lüttke/Kooperationslabor und ZTM Thomas Lüttke/AMZ/Innung

04.07.2011

Signal an Gesellschaft und Politik: Start des Modellprojektes „Saubere Dritte in der Pflege“

Gemeinsame Presseinformation vom 27. Juni 2011 zur Aktion der Zahnärztekammer Berlin, der Deutschen Gesellschaft für Alterszahnmedizin und der Berliner Gruppe der QS-Dental geprüften Dentallabore in der Zahntechniker-Innung Berlin-Brandenburg

Ein Modellprojekt ist am 27. Juni 2011 in Berlin gestartet: Unter dem Motto „Saubere Dritte in der Pflege“ haben sich Zahnärztekammer Berlin, Deutsche Gesellschaft für Alterszahnmedizin und die nach dem Qualitätssicherungskonzept QS-Dental geprüften Berliner Dentallabore der Zahntechniker-Innung Berlin-Brandenburg  zusammengeschlossen, um auf einen wachsenden Missstand aufmerksam zu machen: Einerseits ermöglichen fortschreitende Innovationen in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde immer mehr Menschen auch in hohem Alter und bei eingeschränkten körperlichen bzw. mentalen Fähigkeiten eine gesunde, ausgewogene Ernährung und auch die Teilnahme an der Gemeinschaft. Andererseits stehen aufgrund struktureller Probleme immer weniger Mittel und Möglichkeiten zur Verfügung für die zahn/gesundheitliche Betreuung von hilfebedürftigen Mitbürgern in der stationären Pflege. Die Pflegezeiten reichen meist nicht aus, die Zähne und den Zahnersatz ausreichend intensiv zu reinigen. Eine professionelle Zahn- und Prothesenreinigung ist, wie bei den gesunden Menschen, auch bei Pflegebedürftigen in regelmäßigen Abständen notwendig. Genau dies aber wird von den bestehenden Strukturen behindert.

Betroffen ist keine kleine Gruppe der Bevölkerung: Allein in Berlin leben über 27.000 Menschen in stationären Pflegeeinrichtungen, eine Anzahl so groß wie die Bevölkerung einer ganzen Kleinstadt. Bundesweit sind es über 800.000 –  rund 200.000 Menschen mehr als Frankfurt/Main Einwohner hat und 300.000 mehr als Hannover oder Stuttgart. Für die zahnärztliche Betreuung dieser Menschen gibt es derzeit keine geregelte Versorgungsgrundlage. Zahnärztliche Einzel-Initiativen und Projekte versuchen bisher als vorübergehende Modellangebote auf rein ehrenamtlicher Basis die größten Nöte zu beheben. Die schon als dramatisch zu bezeichnende Steigung der Gesamtzahl der in Pflegeheimen lebenden Bevölkerungskreise erfordert allerdings dringlichst eine Antwort des Gesetzgebers. Auf die Notwendigkeit einer solchen Regelung weist das Berliner Modellprojekt hin, das alle Berliner Bezirke einschließt. Die Ergebnisse des Modellprojektes werden am 27. September 2011 im Rahmen einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit präsentiert.


Zahngesundheit, Allgemeingesundheit und das Berliner Modellprojekt

Die Zusammenhänge Allgemeingesundheit und bakterielle Belastung im Mund sind inzwischen auch in der Medizin bekannt und treffen pflegebedürftige Menschen ganz besonders. Um auf die kritische Situation dieser Mitbürger in ganz Deutschland aufmerksam zu machen, startet nun in der Hauptstadt Berlin ein Modellprojekt unter dem Motto „Saubere Dritte in der Pflege“. In allen Berliner Stadtbezirken wird in Zusammenarbeit mit einer für das Modellprojekt ausgewählten Pflege-Einrichtung Zahnersatz der Pflegebedürftigen von Projekt-Zahnärzten entgegengenommen und überprüft, und an die am Projekt beteiligten qualitätsgeprüften zahntechnischen Labore weitergegeben und dort  professionell gereinigt. Anschließend werden in Absprache mit der Pflegeeinrichtung die Prothesen von den Zahnärzten den Pflege-Patienten wieder eingesetzt. Alle Zahnärzte und zahntechnischen Labore unterstützen die Aktion rein ehrenamtlich und verzichten auf eine Honorierung Ihrer Leistungen. Das Projekt endet Mitte September 2011, die Erfahrungen werden ausgewertet und bei einer Abschlussveranstaltung in  Zeitnähe zum bundesweiten „Tag der Zahngesundheit“ in Berlin präsentiert.

 
Über die Aktionspartner

„Wir sind von der Berliner Gruppe der QS-Dental geprüften zahntechnischen Innungsbetriebe der AMZ Allianz für Meisterliche Zahntechnik angesprochen worden, ob wir als Zahnärztekammer Berlin uns ein gemeinsames Engagementvorstellen können – und haben nach Prüfung der Umstände unsere Beteiligung sehr gern zugesagt“, so Dr. Helmut Kesler, im Vorstand der Zahnärztekammer zuständig für dieses Modellprojekt. Dies sei ein weiterer und hinsichtlich der Optimierung der Rahmenbedingungen sogar immens wichtiger Baustein in den vielfältigen Maßnahmen der Zahnärztekammer Berlin zur Verbesserung der mundgesundheitlichen Situation von Menschen mit Behinderungen bzw. geriatrischen Problemen sowie in Pflegeheimen.

Grund für Initiative der Zahntechniker sind die eigenen Erfahrungen: „Viele der hier lebenden Senioren benötigen in Fragen ihrer Mundgesundheit äußerst spezielle Zuwendung und Unterstützung. Das Motiv der beteiligten Zahntechnikermeister für diese unentgeltliche, wichtige Präventionsleistung sind gemeinsames bürgerschaftliches Engagement und tätige Verantwortung zum Wohle der Bewohner der Senioreneinrichtungen“, so ZTM Rainer Struck, Landesinnungsmeister der Zahntechniker-Innung Berlin-Brandenburg

Entwickelt wurde das Modellprojekt nicht zuletzt in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Ina Nitschke, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Alterszahnmedizin. „In den nächsten Jahren werden immer mehr Menschen ihren Lebensabend in Pflege-Einrichtungen verbringen. Schon heute ist die zahnmedizinische Betreuung dieses Patientenkreises ein Stiefkind von Gesundheits- und Sozialpolitik“, so Professorin Nitschke. „Es ist würdelos, wie unsere Gesellschaft mit ihren pflegebedürftigen Mitgliedern umgeht. Wir erhoffen uns auch mit dieser Aktion ein Bewusstwerden über die sich verschärfende Situation und ein Umdenken in den zuständigen Bereichen der Politik.“

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