Mundgesundheit

23.11.2005

Zahnärztekammer Berlin: Bei der Mundgesundheit müssen viele Großeltern umdenken

Presseinformation der Zahnärztekammer Berlin vom 23. November 2005

Nicht alles, was lieb gemeint ist und früher auch schon immer so gemacht wurde, tut den Enkeln wirklich gut – das wurde deutlich bei einem (Groß-)Eltern-Informationsabend der Zahnärztekammer Berlin im Rahmen des Projektes „Zahngesundheit verbindet“ am 14. November in Berlin. Während viele junge Mütter sich schon gut darin auskennen, wie sie Zahnschäden bei ihren Kindern vermeiden, machen manchmal Großeltern alle Bemühungen zunichte, in dem sie traditionelle Verhaltensmuster an den Tag legen, wie die beiden Referentinnen des Abends, Dr. Silvia Neubelt und Inis Adloff (Zahnärztlicher Dienst) berichteten.

Da werde beispielsweise der heruntergefallene Nuckel saubergelutscht statt abgewaschen oder mit einem Tuch saubergewischt, da man sich nicht bewusst sei, dass Karies eine Infektionskrankheit ist und durch Kariesbakterien auf das Kind übertragen wird. Babys kommen ohne diese Bakterien, die Zucker aus der Nahrung in zahnschädigende Säuren verwandeln, auf die Welt und erhalten diese meist durch ihre Eltern oder Großeltern, die den „Wärmetest“ des Inhalts von Saugerfläschchen im Mund statt auf dem Handrücken machen und beim Füttern den gleichen Löffel wie das Kind benutzen. Auch der Fläschcheninhalt ist häufig ein Streitthema zwischen Eltern und Großeltern: Während viele junge Eltern bereits wissen, dass nur Wasser und selbstgebrühter Tee in Nuckelflaschen sinnvoll sind, wollen viele Großeltern ihren Enkeln mit Apfelsaft etwas Gesundes oder mit Instant-Tees etwas Leckeres zu trinken geben.

Gerade die Rolle der Getränke sei aber ein wesentlicher Faktor für die Zahngesundheit der Kinder: „Selbst verdünnt als Schorle schadet Apfelsaft den Zähnen noch doppelt – einerseits durch die Fruchtsäure, die den Zahnschmelz angreift, aber auch durch den Fruchtzucker, der von den Kariesbakterien verstoffwechselt wird“, so Inis Adloff. Dass es auch für aufgeklärte Eltern und Großeltern nicht leicht ist, den Zuckergehalt in Kindertees zu erkennen, zeigte sich an einer präsentierten Produktauswahl: „Auch wenn dort ‚ohne Zuckerzusatz’ steht“, erklärte Dr. Silvia Neubelt, „ heißt das nicht, dass im Ursprungsprodukt nicht bereits ein Zucker vorhanden war. Es muss ja nicht immer der bekannte Haushaltszucker sein – auch Fruchtzucker, Traubenzucker und Milchzucker können zahnschädlich sein, wenn sie in Nuckelflaschen die Zähne umspülen.“ Wenn auf einem Produkt ein hoher Kohlenhydratanteil vermerkt sei, solle man lieber Abstand nehmen und mit Teebeuteln das Kindergetränk selbst herstellen.

Zucker auch in Muttermilch
Vielen Großeltern, aber auch jungen Eltern sei zudem nicht bekannt, dass auch in Muttermilch Milchzucker enthalten ist - mit dem „in den Schlaf stillen“ sollte man daher spätestens dann aufhören, wenn sich die ersten Milchzähnchen zeigen. Ab dann und bis zum Schuleintritt sei es auch zwingend notwendig, dass einmal täglich der Mundbereich von einem Erwachsenen richtig gründlich gereinigt wird – man könne, so der Tipp der beiden Zahnärztinnen für die Mundpflege bei unkooperativen Kleinkindern, auch morgens die rückwärtigen Zahnbereiche und abends die Frontzahnseiten und bei größeren Kindern dann auch die Kauflächen reinigen. Erst ab Schulalter seien Kinder in der Lage, zunehmend selbst für eine gründliche Zahnpflege zu sorgen, zuvor sei die Unterstützung durch Eltern oder Großeltern unumgänglich.

Nuckel kann Nasenscheidewand verschieben
Ein Thema, das die Teilnehmer sehr interessierte, war die Frage zum Umgang mit dem Nuckel. Die Zahnärztinnen zeigten auf, wie sich durch zu intensiven und zu langen Einsatz von Nuckeln die Kiefer verschieben können und welche dramatischen Folgen fehlstehende Zähne nicht nur für die Optik, das Sprechen und die Ernährung haben: „Auch die Nasenscheidewand kann sich verschieben.“ Auch im Kindesalter sei Zahnmedizin immer auch mit dem Blick auf die Allgemeingesundheit verbunden.
Spätestens nach dem 1. Geburtstag werde aus dem Säugling ein Beißling, der keine Nuckelei mehr benötige: „Dann gehört nichts mehr zwischen die Zähne, was genuckelt werden soll.“ Der Schnuller sei letztlich eine Form von „Elternnotwehr“, wenn zwingend kurzzeitig Ruhe erreicht werden müsse – in der Regel wollten unruhige Kinder aber nicht mit dem Nuckel‚ ausgeschaltet’ werden, sondern hätten andere Bedürfnisse.

Süßliche Zahnpasta „pädagogisch widersprüchlich“
Auch bei der Frage der Zahnpasta gäbe es manchmal verschiedene Haltungen bei Eltern und Großeltern: „Früher waren süßlich-aromatisierte Zahnpasten beliebt. Die gibt es auch heute noch“, sagte Dr. Neubelt, „ aber wir empfehlen sie nicht. Auch wenn sie keinen Zucker enthalten – hier wird doch eine widersprüchliche Botschaft an die Kinder gegeben: Einerseits ist süße Zahnpasta für die Zähne gut, andererseits sind süße Lebensmittel für die Zähne schädlich. Es ist besser, auf eine neutrale oder leicht minzige Kinderzahnpasta zurückzugreifen.“ Kinderzahngesundheit verlange eine gewisse Konsequenz, bei den Eltern und bei den Großeltern.

Großeltern in Vorbild-Rolle
Wer seine Enkel verwöhnen wolle, empfiehlt Dr. Wolfgang Schmiedel, Präsident der Zahnärztekammer Berlin ergänzend zu den Empfehlungen bei der Veranstaltung, solle die Eltern bei der nicht immer einfachen Zahngesundheitserziehung unterstützen, sich als zahnpflegendes Vorbild zeigen und als Verwöhnprogramm den Enkeln lieber andere Formen von Zuwendung zukommen lassen. Zeit sei bei jungen Eltern oft ein rares Gut. Großeltern könnten hier beispielsweise mit Ausflügen oder Vorlesestunden bei den Enkeln nachhaltig für gute Laune sorgen – und mit konsequenter Beachtung der Mundgesundheit für schöne und gesunde Zähne, die nicht nur für die Ernährung wichtig, sondern auch ein „Schmuck“ seien: „In Reih und Glied, sauber, gesund und blankpoliert – so finden auch Kinder ihre Zähne schöner!“

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