12.02.2005
Insofern standen beim Patientenseminar in Berlin zu psychosomatischen Erscheinungen nicht nur Zahnärzte, sondern auch Psychotherapeuten mit vielen konkreten Ratschlägen rund um die Zahnmedizin zur Verfügung. Mit dem Motto „Seele und Zähne“ hatte die Zahnärztekammer in Zusammenarbeit mit der Psychotherapeutenkammer und der KZV Berlin einen Aspekt aufgegriffen, der überraschenderweise in der Öffentlichkeit oft untergeht. In seiner Begrüßung meinte Kammerpräsident Dr. Wolfgang Schmiedel daher nicht nur mit dem Blick auf das Publikum, sondern auch auf den eigenen Berufsstand: „Die Zusammenhänge sind doch – man verzeihe das sich anbietende Wortspiel – in aller Munde und müssten uns allen eigentlich bewusst sein. Mit einem ganzen Bündel an Redewendungen packt schließlich der Volksmund den Ursache-Wirkungs-Komplex in griffige Bilder: „sich an einem Problem die Zähne ausbeißen“, „zähneknirschend den Stress mit dem Chef aushalten“, „die Zähne zusammenbeißen – und durch!“.
Bei den Einführungsreferaten wurden Hintergründe und Folgen von Parafunktionen dargestellt sowie Möglichkeiten der Psychotherapie, nicht zuletzt durch Kurzzeittherapien die Hintergründe für die Angespanntheit zu erhellen. Auch Zusammenhänge von Stress und Speichel und dadurch erhöhtem Karies/Parodontits-Risko wurden in leicht verständlicher Form übermittelt. Durch aufeinander abgestimmte gemeinsame Maßnahmen von Zahnärzten und Psychologen kann, so wurde deutlich, ein Grossteil der belastenden zahnmedizinischen Folgen seelischer Störungen gelöst werden. Großes Interesse beim Publikum fanden Themen wie das Kiefergelenk und das Vorhandensein chronischer Schmerzen. Auch zur Behandlungsangst gab es viele Anfragen sowie zu Möglichkeiten, ohne eine Knirscher-Schiene auskommen zu können und lieber die hinter den Parafunktionen stehenden Konflikte zu lösen als, so eine Teilnehmerin, „noch mehr Schienen nach kurzer Zeit durchzukauen...“
Großteil der Patienten mit somatoformen Störungen
Nicht nur bei den Hausärzten, so machte Dr. Schmiedel bei der Pressekonferenz zur Veranstaltung deutlich, auch bei den Zahnärzten mache der Anteil der Patienten mit somatoformen Störungen einen erheblichen Prozentsatz aus. Jüngste Untersuchungen aus den USA ließen den Rückschluss zu, dass rund jeder zweite Patient unter Belastungen stehe, die sich auf seine Mundgesundheit auswirkten. Nicht immer seien die Folgen dramatisch, unbehandelte Parafunktionen beispielsweise führten aber langfristig zu erheblichen Beeinträchtigungen von Zähnen und Mund mit Auswirkungen weit darüber hinaus.
Zusammenarbeit mit der Psychotherapeutenkammer
Das Bewusstsein für solche Zusammenhänge sei bei den Zahnärzten vorhanden, meinte Dr. Schmiedel, es sei erfreulich gewesen, dass auch Zahnärzte das Patientenseminar besucht hätten, um sich zu informieren. „Aber wir müssen noch mehr Erfahrungen sammeln, um solche Patienten von anderen mit rein medizinischen Problemen unterscheiden zu lernen.“ Die Zahnärztekammer Berlin hatte daher im vergangenen Oktober die Zusammenarbeit mit der Psychotherapeutenkammer gesucht und mit ihr gemeinsam ein Maßnahmenpaket entwickelt, das sowohl die Psychotherapeuten mehr für dentale Problemfelder sensibilisieren soll als auch die Zahnärzte für seelische Konfliktsituationen, die hinter den offensichtlichen Mundgesundheits-Problemen stehen können. Auch Gespräche mit den Krankenkassen sollen geführt werden, um auch diese in die Verantwortung für die Patienten mit einzubeziehen.
Maßnahmenpaket an Kooperationen vorbereitet
Der beeindruckende Erfolg des Patientenseminars wird als „grünes Licht“ für die nächsten Schritte gewertet: So wird in Kürze ein runder Tisch eingerichtet für den Erfahrungsaustausch der Körperschaften und zur Etablierung gemeinsamer Fortbildungsveranstaltungen von Zahnärzten und Psychotherapeuten. Ein bereits in Kurzform vorliegender Patientenratgeber der Zahnärztekammer Berlin wird in erweiterter Form gemeinsam herausgegeben, und es soll kurzfristig einmal monatlich ein spezielles Beratungsangebot in der zahnärztlichen Patientenberatungsstelle geben, das von Zahnärzten und Psychotherapeuten gemeinsam geleistet wird. Ziel der Zusammenarbeit ist zudem der Aufbau eines Netzwerkes von Zahnärzten und Psychotherapeuten für die optimierte Behandlung psychosomatisch belasteter Patienten.
Verbesserte Integration psychosomatisch belasteter Patienten
„Die Zahnärztekammer hat hiermit einen weiteren Schritt auf ihrem Weg zu mehr Integration bisher nicht wirklich zufrieden stellend versorgter Patienten gemacht“, so Dr. Schmiedel. Erst kürzlich konnte ein Programm zu verbesserter Mundhygiene und damit Vorbeugung von Zahnschäden für behinderte Erwachsene gestartet werden. „Es ist nicht nur eine zahnärztliche, sondern auch eine gesellschaftliche Aufgabe für uns Zahnärzte, diese Patienten bewusst wahrzunehmen, ihre besonderen Probleme zu beachten und ihnen auf eine angemessene Weise mit unseren Möglichkeiten zu helfen – und sei es, in dem wir uns kompetente Partner für ein zu entwickelndes Netzwerk suchen, das unsere Patienten frühestmöglich auffängt und sachgerecht behandelt.“
Zahnärztekammer Berlin: Patientenseminar „Seele und Zähne“ als Beginn einer neuen Kooperation
Presseinformation der Zahnärztekammer Berlin vom 12. Februar 2005
Das im Vorfeld des 19. Berliner Zahnärztetages (11. / 12. Febr. 2005) angebotene und sehr gut besuchte Patientenseminar „Seele und Zähne: Wenn der Druck zu groß wird“ zeigte ebenso wie das fachliche Programm des Kongresses zur Funktionsdiagnostik: Zahnmedizin ist ein ganzheitlich-ärztliches Gebiet mit interdisziplinärem Kooperationsbedarf bis hin zu Psychologie und Physiotherapie.Insofern standen beim Patientenseminar in Berlin zu psychosomatischen Erscheinungen nicht nur Zahnärzte, sondern auch Psychotherapeuten mit vielen konkreten Ratschlägen rund um die Zahnmedizin zur Verfügung. Mit dem Motto „Seele und Zähne“ hatte die Zahnärztekammer in Zusammenarbeit mit der Psychotherapeutenkammer und der KZV Berlin einen Aspekt aufgegriffen, der überraschenderweise in der Öffentlichkeit oft untergeht. In seiner Begrüßung meinte Kammerpräsident Dr. Wolfgang Schmiedel daher nicht nur mit dem Blick auf das Publikum, sondern auch auf den eigenen Berufsstand: „Die Zusammenhänge sind doch – man verzeihe das sich anbietende Wortspiel – in aller Munde und müssten uns allen eigentlich bewusst sein. Mit einem ganzen Bündel an Redewendungen packt schließlich der Volksmund den Ursache-Wirkungs-Komplex in griffige Bilder: „sich an einem Problem die Zähne ausbeißen“, „zähneknirschend den Stress mit dem Chef aushalten“, „die Zähne zusammenbeißen – und durch!“.
Bei den Einführungsreferaten wurden Hintergründe und Folgen von Parafunktionen dargestellt sowie Möglichkeiten der Psychotherapie, nicht zuletzt durch Kurzzeittherapien die Hintergründe für die Angespanntheit zu erhellen. Auch Zusammenhänge von Stress und Speichel und dadurch erhöhtem Karies/Parodontits-Risko wurden in leicht verständlicher Form übermittelt. Durch aufeinander abgestimmte gemeinsame Maßnahmen von Zahnärzten und Psychologen kann, so wurde deutlich, ein Grossteil der belastenden zahnmedizinischen Folgen seelischer Störungen gelöst werden. Großes Interesse beim Publikum fanden Themen wie das Kiefergelenk und das Vorhandensein chronischer Schmerzen. Auch zur Behandlungsangst gab es viele Anfragen sowie zu Möglichkeiten, ohne eine Knirscher-Schiene auskommen zu können und lieber die hinter den Parafunktionen stehenden Konflikte zu lösen als, so eine Teilnehmerin, „noch mehr Schienen nach kurzer Zeit durchzukauen...“
Großteil der Patienten mit somatoformen Störungen
Nicht nur bei den Hausärzten, so machte Dr. Schmiedel bei der Pressekonferenz zur Veranstaltung deutlich, auch bei den Zahnärzten mache der Anteil der Patienten mit somatoformen Störungen einen erheblichen Prozentsatz aus. Jüngste Untersuchungen aus den USA ließen den Rückschluss zu, dass rund jeder zweite Patient unter Belastungen stehe, die sich auf seine Mundgesundheit auswirkten. Nicht immer seien die Folgen dramatisch, unbehandelte Parafunktionen beispielsweise führten aber langfristig zu erheblichen Beeinträchtigungen von Zähnen und Mund mit Auswirkungen weit darüber hinaus.
Zusammenarbeit mit der Psychotherapeutenkammer
Das Bewusstsein für solche Zusammenhänge sei bei den Zahnärzten vorhanden, meinte Dr. Schmiedel, es sei erfreulich gewesen, dass auch Zahnärzte das Patientenseminar besucht hätten, um sich zu informieren. „Aber wir müssen noch mehr Erfahrungen sammeln, um solche Patienten von anderen mit rein medizinischen Problemen unterscheiden zu lernen.“ Die Zahnärztekammer Berlin hatte daher im vergangenen Oktober die Zusammenarbeit mit der Psychotherapeutenkammer gesucht und mit ihr gemeinsam ein Maßnahmenpaket entwickelt, das sowohl die Psychotherapeuten mehr für dentale Problemfelder sensibilisieren soll als auch die Zahnärzte für seelische Konfliktsituationen, die hinter den offensichtlichen Mundgesundheits-Problemen stehen können. Auch Gespräche mit den Krankenkassen sollen geführt werden, um auch diese in die Verantwortung für die Patienten mit einzubeziehen.
Maßnahmenpaket an Kooperationen vorbereitet
Der beeindruckende Erfolg des Patientenseminars wird als „grünes Licht“ für die nächsten Schritte gewertet: So wird in Kürze ein runder Tisch eingerichtet für den Erfahrungsaustausch der Körperschaften und zur Etablierung gemeinsamer Fortbildungsveranstaltungen von Zahnärzten und Psychotherapeuten. Ein bereits in Kurzform vorliegender Patientenratgeber der Zahnärztekammer Berlin wird in erweiterter Form gemeinsam herausgegeben, und es soll kurzfristig einmal monatlich ein spezielles Beratungsangebot in der zahnärztlichen Patientenberatungsstelle geben, das von Zahnärzten und Psychotherapeuten gemeinsam geleistet wird. Ziel der Zusammenarbeit ist zudem der Aufbau eines Netzwerkes von Zahnärzten und Psychotherapeuten für die optimierte Behandlung psychosomatisch belasteter Patienten.
Verbesserte Integration psychosomatisch belasteter Patienten
„Die Zahnärztekammer hat hiermit einen weiteren Schritt auf ihrem Weg zu mehr Integration bisher nicht wirklich zufrieden stellend versorgter Patienten gemacht“, so Dr. Schmiedel. Erst kürzlich konnte ein Programm zu verbesserter Mundhygiene und damit Vorbeugung von Zahnschäden für behinderte Erwachsene gestartet werden. „Es ist nicht nur eine zahnärztliche, sondern auch eine gesellschaftliche Aufgabe für uns Zahnärzte, diese Patienten bewusst wahrzunehmen, ihre besonderen Probleme zu beachten und ihnen auf eine angemessene Weise mit unseren Möglichkeiten zu helfen – und sei es, in dem wir uns kompetente Partner für ein zu entwickelndes Netzwerk suchen, das unsere Patienten frühestmöglich auffängt und sachgerecht behandelt.“